Sabina Ley über die Artothek

Als ich zum ersten Mal von der Institution einer Artothek in Mölln hörte, ein Ort, an dem man sich angeblich ein originales Kunstwerk leihen kann wie ein Buch in einer öffentlichen Bücherei, war ich sofort begeistert. Welch eine progressive Erfindung unserer modernen Gesellschaft, so der Gedanke. Umso überraschter war ich, als mir nach kurzer Recherche klar wurde, wie alt die Idee schon ist – über 100 Jahre- und wie viele Artotheken es inzwischen allein in Deutschland gibt – über 130.
Als ich dann schließlich den Weg in die Möllner Artothek gefunden hatte, war ich wirklich erstaunt, welch vielseitige Auswahl an Bilderkunst hier wartet.

Drei dicke Kataloge machen einem die Wahl zwischen 260 Künstlern von A wie Peter Ackermann bis Z wie Rainer Zimnik – sogar mit einigen wirklich berühmten Namen wie Moholy-Nagy oder Heinrich Zille – so schwierig wie vergnüglich. Letzteres allein schon durch die Vorfreude, sich das auserwählte Bild gleich nachher an die eigene Wand hängen zu dürfen. Und sich dann für einige Monate an dieser beständigen Inspiration zu freuen, nicht selten aber auch an diesen interessanten Diskussionen am Familientisch, über das, was jeder für sich aus diesem Bild macht, vielleicht sogar darüber, was eigentlich Kunst ist und soll. Und schon kommt die Kunst ein bisschen vom Sockel hinein ins Leben.
In diesem Sinne war es auch sehr schön und manchmal überraschend für uns, mit den Kindern in die Artothek zu gehen und sie reihum das Bild aussuchen zu lassen, das uns für die nächsten drei Monate begleiten sollte.
Nicht zuletzt: Ist es nicht auch eine Maßnahme und ein Statement gegen die Bilderflut unserer Tage, sich ein einziges Bild für 3 Monate zu betrachten und dabei zu erleben, wieviel Facetten der Wahrnehmung sich erst dadurch und gerade dadurch ergeben?